Dass der Lebensstil das Schlaganfallrisiko beeinflusst, ist bekannt. Doch nun zeigt eine Studie: Die Psyche spielt auch eine besondere Rolle.
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Jeder dritte Deutsche fühlt sich zumindest teilweise einsam. Doch nicht nur in der westlichen Welt: Einsamkeit ist längst zu einem globalen Problem geworden. Im vergangenen Jahr setzte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Kommission ein, um zu untersuchen, wie Sozialkontakte die Gesundheit fördern.
Menschen ohne starke soziale Kontakte seien einem höheren Risiko von Angststörungen, Demenz, Depressionen und Suizid ausgesetzt, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Das Risiko eines vorzeitigen Todes sei für einsame Menschen mindestens so hoch wie das Todesrisiko durch Tabakkonsum, Fettleibigkeit oder Luftverschmutzung.
Offenbar erhöht das Gefühl von Einsamkeit auch das Risiko für Schlaganfälle. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Harvard University. In ihr berichteten über 12.000 Erwachsene über 50 Jahren über ihre Einsamkeit. Vier Jahre später beantworteten knapp 9.000 von ihnen noch einmal dieselben Fragen.
Auf der Grundlage der Antworten bildeten die Forscher vier Gruppen in Bezug auf das Maß der Einsamkeit:
konstant niedrig (wenn beide Male ein niedriger Wert auf der Einsamkeitsskala erreicht wurde
remittierend („zurückgehend“ – wenn diejenigen, die zunächst einen hohen Wert hatten, nach vier Jahren einen niedrigen Wert aufwiesen)
kürzlich aufgetreten (diejenigen, die erst bei der zweiten Befragung einen hohen Wert erreichten)
konstant hoch (diese Probanden erreichten beide Male hohe Werte).
Risiko um 56 Prozent erhöht
Im Beobachtungszeitraum erlitten 1.237 Teilnehmer, bei denen die Einsamkeit nur einmal zu Beginn gemessen wurde, einen Schlaganfall.
In der Gruppe, die zwei Einschätzungen zu ihrem Einsamkeitsgefühl abgegeben hatte, waren es 601.
Die Forscher kamen zu dem Ergebnis: Diejenigen Teilnehmer, die über ein kontinuierliches Einsamkeitsgefühl berichteten, hatten ein um 56 Prozent erhöhtes Schlaganfallrisiko gegenüber der Gruppe, die durchgehend angaben, sich nicht einsam zu fühlen.
Isolation und Einsamkeit ist nicht dasselbe
„Wiederholte Einsamkeitsuntersuchungen können dabei helfen, diejenigen zu identifizieren, die chronisch einsam sind und daher ein höheres Schlaganfallrisiko haben, erklärte Studienautorin Yenee Soh. „Wichtig ist, dass diese Interventionen speziell auf Einsamkeit abzielen müssen, die eine subjektive Wahrnehmung ist und nicht mit sozialer Isolation verwechselt werden sollte.“
Bereits zuvor hatten Harvard-Forscher festgestellt, dass Einsamkeit und soziale Isolation nicht dasselbe sind. Unter sozialer Isolation wird ein Mangel an menschlichen Kontakten verstanden. Einsamkeit ist jedoch ein Gefühl, dass fehlende oder bestehende Beziehungen das Bedürfnis nach Verbindung nicht erfüllen.