Gemeint ist damit die Bruttorente. Auf dem Konto kommt weniger an. Denn vom Brutto werden die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen und die Steuer. Mehr als 80 Prozent der Renten werden besteuert, Tendenz steigend.
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Die durchschnittliche Nettorente in Berlin liegt damit unter den Zuwendungen, die Empfänger von Bürgergeld (ALG II, früher „Hartz IV“ genannt) bekommen. Alleinstehende haben ein Anrecht auf 502 Euro pro Monat, außerdem wird ihnen eine Warmmiete bis zu 700 Euro bezahlt. Dazu kommen Kranken- und Pflegeversicherung und Sachleistungen für die Wohnungseinrichtung etc.
Unterm Strich bedeutet das: Wer 45 Jahre gearbeitet hat, bekommt weniger, als wer gar nicht gearbeitet hat. Ist das gerecht? Nein, natürlich nicht. Das ungleiche Verhältnis wird im kommenden Jahr noch ungleicher, wenn das Bürgergeld stark angehoben wird.
Nun könnte man sagen, dass Rente und Bürgergeld als Leistungen nicht vergleichbar sind. So argumentiert die Politik. Die Rente sei ein eigenes System, ihre Höhe orientiere sich an dem eingezahlten Betrag. Das Bürgergeld hingegen sei eine Leistung der öffentlichen Hand für Menschen in Not.
Doch so einfach ist es nicht. Denn erstens bekommen auch Menschen das Bürgergeld, die nicht in konkreter Not sind, zum Beispiel junge arbeitsfähige Männer. Und zweitens wird die Rentenkasse zunehmend mit Steuergeld aufgefüllt (weil die Beiträge nicht ausreichen), inzwischen mit mehr als 100 Milliarden Euro pro Jahr.
Rente und Bürgergeld werden also aus demselben Topf bezahlt, nämlich aus dem Steuertopf. In den haben die Rentner während ihrer Berufstätigkeit eingezahlt, die Bürgergeldempfänger zahlen nicht ein. Schon deshalb ist es nicht vermittelbar, dass die Durchschnittsrente niedriger ausfällt als das Bürgergeld.
Für besonders niedrige Renten gibt es die Möglichkeit der Aufstockung, das ist wohl wahr. Wer unter dem Bürgergeld liegt, der kann einen Zuschlag beantragen.
Trotz dieser Möglichkeit aber bleibt es dabei: Das Bürgergeld ist im Vergleich zur Rente sehr hoch. Sollten also die Renten so stark angehoben werden, dass ein weiter Abstand zum Bürgergeld entsteht? Nein, das ist nicht bezahlbar.
Sollte das Bürgergeld abgesenkt werden? Ja, aber nicht für alle. Nicht für die 60-Jährigen, die nach langer Erwerbsarbeit arbeitslos werden. Junge Leute aber, die arbeiten können, sich aber der sozialversicherungspflichtigen Arbeit entziehen, die sollten auch kein Bürgergeld bekommen.
Das wäre eine ehrliche Lösung. So wie jetzt geht es nicht weiter. Wer 45 Jahre gearbeitet hat, bekommt genauso viel oder weniger als jemand, der gar nicht gearbeitet hat. Das kann nicht so bleiben.